Seit ich als Frau lebe und dementsprechend auch unterwegs bin habe ich Ängste, die ich als Mann nie hatte. Ich muss mich dem aber stellen, sonst gehe ich irgendwann nicht mehr vor die Tür.
Ich bin leidenschaftliche Fotografin. Mein Spezialgebiet ist die Natur und Landschaften. Früher war ich oft alleine mit meinem Fotorucksack in der Rhön und sonstwo unterwegs. Seit meiner Metamorphose war ich erst einmal länger zu Fuß unterwegs und das war letzten Winter und es dämmerte langsam. Irgendwann am äußersten Punkt des Rundweges hatte ich dann richtig Angst. Seit dem fahre ich mit dem Auto möglichst nahe an den Punkt, wo ich fotografieren will!!!
Große Menschenmengen sind eine andere Quelle für Ängste. Seltsamerweise — in Salzburg und Linz hatten meine Frau und ich trotz Befürchtungen keinerlei Berührungen.
Sowohl meine Frau, als auch ich können in gut besuchten Supermärkten kaum wirklich ohne Belästigung zusammen einkaufen. Da stellen sich Männer (zum größten Teil ältere) dreist in den Weg. Wenn ich mich im Rock nach einer Ware bücke kommt es schon einmal vor, dass ich eine Hand am Hintern spüre. In der Schlange an der Kasse kommt es auch recht häufig zu „zufälligen“ Berührungen. Seltsamerweise immer dann, wenn die Männer sehen, dass meine Frau und ich zusammengehören.
Lesbische Frauen sind anscheinend ab einer bestimmten Altersgruppe von Männern Freiwild. Welch ein Glück, dass ich nicht mehr zu dieser Gattung Mensch gehöre. Da müsste ich mich nur noch schämen.
Ein anderer Fall ist nächtliches Auto fahren. Als Mann fühlte ich mich sicher und das konnte ich meiner Frau vermitteln. Jetzt fahren wir nur noch ungern nachts. Wenn irgendwer merkt, dass da zwei Frauen alleine in einem Auto sitzen befürchten wir doch mal einen Überfall. Zum Glück verriegeln sich alle Türen unseres Autos beim losfahren und bleiben verriegelt.
Wirklich gefährlich wurde es allerdings bis jetzt noch nicht. Nach allem, was man so an Übergriffen auf Frauen und Transpersonen im Speziellen gehört und gelesen hat ist es bei uns bis jetzt noch harmlos aber trotzdem lästig.
Um die Ängste los zu werden, habe ich die nächsten Tage vor alleine nach Fulda zu fahren, über den Weihnachtsmarkt zu flanieren, in die Kaufhäuser zu gehen, Kaffee zu trinken und wenn möglich niemand aus dem Weg zu gehen.
Eure Emma