Die folgenden Artikel sollen eine Betrachtung meines Lebensweges oder auch Leidensweges werden.
Wenn jemand, wie ich, in den 1950er Jahren geboren wurde hatte dieser Mensch nicht viele Möglichkeiten zur freien Entfaltung. Er wurde je nach dem, wie es „untenrum“ aussah in eine Geschlechterrolle gepresst. Optisch war ich ein Junge und wurde also dementsprechend erzogen. Die ersten 6 Jahre wohnten wir in Reinheim. Schon recht früh bekam ich eine Modellbahn geschenkt mit der dann mein Vater spielte, weil es mich nicht sooo sehr interessierte. Ich sehe mich immer irgendwie gelangweilt in der Küche mit einigen Autos spielen. Sonst kann ich mich an einen Kleingarten (wir wohnten in Miete) erinnern. Das machte mir dann schon eher Spaß. Sonst habe ich keine richtige Erinnerung an die ersten 6 Lebensjahre.
Dann zogen wir nach Eppertshausen in ein eigenes Haus. Die ganze Siedlung, wo unser Haus steht war damals eine einzige, große Baustelle. Mangels Alternativen war das DER Spielplatz für die Kinder der ganzen Siedlung. Ich machte beim Spielen anscheinend manchmal etwas falsch und wurde dafür auch noch von den Kindern in der Sudetenstraße herumgestoßen und gehänselt. Dies geschah unabhängig von den Prügeln in der Schule oder auf dem Nachhauseweg.
Immer wenn ich Zuhause davon erzählte hieß es, ich solle zurückhauen. Wie sollte ich denn zurückhauen. Mehr als Ohrfeigen verteilen, leichte Faustschläge auf die Brust oder von mir stoßen brachte ich nicht fertig. Da merkte ich erstmals, dass ich kein normaler Junge sein konnte.
Ich spielte fortan meist alleine, ließ mir meine Stadämme und Sandburgen von den anderen Jungs zerstören und hielt ansonsten Zuhause die Klappe, auch wenn ich völlig verdreckt und mit zerrissener Kleidung nach Hause kam. Da muss ich so um die 8 Jahre gewesen sein.
Irgendwann um diese Zeit interessierte ich mich für das, was eine Frau so alles anzog. Also fand ich irgendwelche Gründe, um meiner Mutter beim Anziehen zusehen zu können. Das war so prägend, dass mein Kleidungsstil ein wenig davon inspiriert wurde.
Ich fing an meine Jungenkleidung zu hassen. Meine Eltern und Großeltern hatten hinter einem Waldstück einen großen Acker gepachtet. Dort wurde dann manchmal von früh bis spät geschuftet. Ich verdrückte mich dann wenn es warm genug war in den Wald, zog mich aus und band mir das Hemd als Rock um die Hüften. Das war eine Erleichterung für meine geschundene Seele.
Mein Vater baute 1963 oder 1964 einen Teich zum Wassersammeln für den Garten. Für mich und die Kinder der Nachbarschaft war das für die nächsten Jahre im Sommer eine willkommene Abkühlung. Für mich war das ein Geschenk des Himmels (so kam es mir vor), konnte ich doch völlig unauffällig mit einem umgeschlungenen Handtuch als Rock ein Mädchen sein. Zumindest so lange, bis der eine Nachbar dem Tun die Unschuld nahm.
Heute wundere ich mich darüber und andere Leute auch, wie früh ich merkte, dass ich anders als die anderen Jungs war. Nur meine Umgebung merkte nichts.
Mit Beginn der Pubertät fuhr ich nicht mehr auf Ausflüge und Verwandtenbesuch mit (Das war ein Kampf!). Kaum, dass meine Eltern aus dem Haus waren ging ich schon an den Kleiderschrank meiner Mutter und zog deren Kleidung an — nicht als Fetisch um mich sexuell zu erregen, sondern weil ich mich darin wohler fühlte als in meinen Klamotten. Außerdem trotzte ich mir ab, dass ich nackt schlafen konnte (Das ist bis heute so geblieben).
Das war meine Kindheit und Jugend — soweit ich mich erinnern kann. Aber das ist dann eine andere Geschichte.
Eure Emma