Hallo,
zunächst ist einmal zu klären, was mit den groß geschriebenen „MEIN“ und „MIR“ gemeint ist. Seit meiner Geburt vor 65 Jahren ist in meinem Gehirn die Information verankert, dass ich weiblichen Geschlechts bin. Bewusst wurde mir das, als ich mit etwa 12 Jahren nicht mehr mit meinen Eltern auf Ausflüge und Verwandtenbesuche mitfahren wollte, sondern stattdessen den Kleiderschrank meiner Mutter besuchte.
„ICH“, „MIR“, „MEIN“, usw. ist der Ausdruck MEINES Bewusstseins, MEINER Seele, MEINES Spirits. Dann gibt es noch den Körper. Er ernährt MICH, er gibt MIR Schutz, er gibt MIR die Möglichkeit mit MEINER Umgebung zu kommunizieren. Seine Grundfunktionen werden über das vegetative Nervensystem gesteuert. Darauf habe ICH (wie alle Menschen) keinen Einfluss. Alles Andere habe ICH seit MEINEM Coming Out Stück für Stück die nächsten Wochen übernommen.
Jetzt gehört zwar der Körper zu MIR, aber ICH kann und darf an ihm kaum etwas ändern damit das Erscheinungsbild weiblicher wird. Und hier setze ich mit meiner Forderung an: MEIN Körper gehört MIR. Das klingt so nach dem Kampf der Frauen zur Abschaffung des §218 StGB: Mein Bauch gehört mir — einer Forderung die gerade wieder neu auflebt.
Ich darf mich von oben bis unten tätowieren lassen, mir 100 Ringe durch die Haut stecken lassen, was weiß ich was für sonstige hässliche, schmerzhafte Veränderungen vornehmen lassen, aber wenn es um MEIN Wohlbefinden geht haben Andere die Bestimmungsgewalt. Egal ob es um die Hormontherapie geht oder um Brustaufbau und die geschlechtsangleichende Operation, ICH brauche ein Gutachten (oder auch mehrere) und muss einen Antrag stellen, der dann hoffentlich genehmigt wird. Noch nicht einmal so einfache Dinge wie die Namens- und Personenstandsänderung darf ich ohne den Segen eines Entscheiders, der alles besser (oder auch anders) weiß als ICH selbst, vornehmen lassen.
Der neue Gesetzentwurf ist eine Frechheit. Es ist darüber schon genug geschrieben worden und das Pamphlet wurde ja hinreichend zerrissen, da muss ich mich nicht auch noch drüber auslassen. Das ist jedenfalls eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Istzustand.
Ich möchte auf etwas Anderes hinaus: Weil die Regierenden, ein Großteil der Ärzteschaft, der Psychologen, der Psychotherapeuten, der Psychiater usw. uns transsexuelle Menschen nicht verstehen, werden wir ganz klein gehalten — marginalisiert. Diese Leute können nicht — oder wollen nicht — verstehen wie unsere Denkweise ist. Sie können einfach nicht verstehen, wie ein Mensch hergehen und behaupten kann, dass er beispielsweise weiblich ist, obwohl er doch männliche Genitalien besitzt!!!
Das gehört sich nicht. Das erschüttert die Grundfesten der Gesellschaft!!!
Woher kommt wohl diese Angst transsexuelle Menschen selbst über sich und ihren Körper bestimmen zu lassen? In der deutschen patriarchalisch geprägten Gesellschaft gibt es nur männlich und weiblich und das kann man ja durch „Fleischbeschau“ bei der Geburt feststellen. Alles andere ist doch krank. Krank im Gehirn, krank an der Psyche. Und psychisch kranke Menschen kann man nicht sich selbst überlassen. Jetzt gibt es aber ein großes — ein wirklich großes — Problem.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geht von einer Zahl von mindestens 150.000 transsexuellen Menschen in Deutschland aus!!! Die kann man nicht alle „behandeln“. Die kann man auch nicht alle in irgendwelche „Einrichtungen“ stecken. Also versuchen die Bundesregierung, verschiedene Institute, selbsternannte „Fachleute“ und auch einige Interessenvertretungen diese Bevölkerungsgruppe klein zu halten und ihr das Leben möglichst schwer zu machen. Dabei wird auch in Kauf genommen, dass sich das „Problem“ von „selbst löst“.
In der Transitionsphase sind mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofes, des Bundessozialgerichts, der Bundesregierung, des Deutschen Bundestages mit dem größten Teil der Abgeordneten und auch von manchen Interessenvertretungen die nur milde kritisieren die wichtigsten Artikel des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt und kein Betroffener, keine Betroffene hat die Möglichkeit dagegen vorzugehen.
Bei Übergriffen von Ärzten und Therapeuten hat der transsexuelle Mensch vor der niederen Gerichtsbarkeit auch häufig schlechte Karten. Das Alles zeugt von mangelndem Respekt gegenüber allen Menschen, welche eine andere Denkweise als die herrschende Kaste haben. Wenn Mann etwas nicht versteht muss es klein und niedrig gehalten werden. So wurde in patriarchischen Gesellschaften immer mit den Frauen umgegangen, weil Mann die Vorgänge in einer Frau nicht verstand — und das sogar hier in Deutschland bis vor 60 Jahren. Jetzt leben wir doch in einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft, in der man Toleranz, Respekt und Akzeptanz gegenüber Andersdenkenden erwarten kann.
Ich verstehe nicht, weshalb unsere Volksvertreter nicht mal über den Tellerrand (über die Grenze) schauen. Beispielsweise nach Dänemark. Aber so etwas käme ja dem Beginn einer Anarchie nahe. Dabei ist doch ein wirklich neues TSG so einfach zu formulieren, da braucht es keine 31 Seiten Dampfplauderei um Schwachsinn zu produzieren.
Deshalb hier einmal meine Forderungen:
- Transsexualität ist keine Krankheit.
- Die Einhaltung der Bestimmungen des Grundgesetzes werden auch gegenüber transsexuellen Menschen garantiert.
- Auf einen formlosen Antrag beim Geburtsstandesamt wird die Namens- und Personenstandänderung vorgenommen. Keine Gutachten mehr, kein Gerichtsverfahren.
- Alle Krankenkassen werden verpflichtet transsexuellen Menschen die Anpassungen des Körpers an ihr Geschlecht zu bezahlen, auf Wunsch auch im Ausland, wenn dort kostenneutral besser oder bei gleicher Qualität günstiger gearbeitet wird.
- Zu bezahlende Anpassungen: siehe Anhang.
- Auf Wunsch unbegrenzt Psychotherapie.
- Wegfall der ganzen Gutachterei.
Und mit diesen Forderungen schlagen wir den Bogen zurück zum Anfang dieses Artikels: MEIN Körper gehört MIR. ICH selbst bestimme wie ICH MEINEN Körper anpasse.
Eure Emma
Anhang:
von Mann zu Frau:
Androgensuppression (z. B. mit Cyproteronazetat), Östrogensubstitution
Brustaufbau
Entfernung der Hoden (Testektomie)
Neubildung weiblicher Geschlechtsorgane (Penektomie, Scham-, Vulva- und Vaginalplastik)
Reduktion des Adamsapfels (Chondrolaryngoplastik)
Modifikation der Stimmhöhe (Phoniatrie, Phonochirurgie)
chirurgische Feminisierung des Gesichts (Modifikation der oberflächenformgebenden und konturgebenden Schädelknochen und -knorpel)
Epilation an Gesicht und Körper (Laser-, Nadelepilation)
von Frau zu Mann:
Testosteronsubstitution, Östrogensuppression (z. B. mit Leuprorelinazetat)
Entfernung des weiblichen Brustdrüsengewebes (Mastektomie) sowie Aufbau eines männlichen Brustprofils
Entfernung der Eileiter (Tuben) und der Eierstöcke (Ovarien; zusammen Adnektomie) und der Gebärmutter (Hysterektomie)
Neubildung männlicher Geschlechtsorgane (Harnröhrenplastik, Schwellkörper- und Hodenprothesen, Phallusplastik)
Alternative: Klitorispenoid (Metaidoioplastik)